Pflegende und betreuende Angehörige: Eine stille Heldentat

Pflegende und betreuende Angehörige

Pflegende und betreuende Angehörige spielen in unserer Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle. Diese Menschen kümmern sich oft rund um die Uhr um ihre kranken oder hilfsbedürftigen Familienangehörigen und leisten dabei einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft. Trotz dieser enormen Verantwortung und den damit verbundenen Herausforderungen werden sie häufig übersehen und unterschätzt. Wie gelingt es uns als Gesellschaft, mehr Wertschätzung und einen finanziellen Ausgleich zu schaffen? Und was kannst du selbst tun, um psychisch und körperlich gesund zu bleiben, wenn du dich um Angehörige in deinem Umfeld kümmerst?

Die unsichtbaren Helden des Alltags

Pflegende Angehörige sind die stillen Helden unseres Alltags. Sie übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben, die von der Grundpflege wie Waschen und Anziehen über die medizinische Betreuung bis hin zur emotionalen Unterstützung reichen. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit pflegen und betreuen in der Schweiz rund 600 000 Angehörige ihre Familienmitglieder.

Psychische Belastungen

Diese Aufgabe ist oft mit erheblichen physischen und psychischen Belastungen verbunden. Pflegende Angehörige arbeiten häufig bis zur Erschöpfung, um ihren Liebsten die bestmögliche Unterstützung zu bieten. Dabei bleibt ihnen oft wenig Zeit für sich selbst, was zu sozialer Isolation und psychischen Problemen führen kann.

Der Artikel von Rebecca E. Lacey et al. (2024) zeigt, dass sich die psychische Gesundheit besonders bei Personen verschlechtert, die 20 Stunden oder mehr pro Woche mit der Pflege und Betreuung beschäftigt sind sowie bei denjenigen, die jemanden im eigenen Haushalt betreuen.

Tipps für das psychische Wohlbefinden

Pflegende Angehörige gehen viele Kompromisse und Verzichte ein und stellen oft ihre eigenen Bedürfnisse zurück - bis hin zur völligen Selbstaufgabe. Dies ist jedoch auf Dauer nicht förderlich, sondern kann im Gegenteil zu psychischen Problemen führen. Deshalb ist es besonders wichtig, auf das eigene Wohlbefinden zu achten. Wenn auch du solche selbstlosen Aufgaben übernimmst, findest du hier einige Tipps, wie du trotz der Herausforderungen gut für dich und dein Wohlbefinden sorgen kannst:

  • Eigene Bedürfnisse ernst nehmen: Achte darauf, deine eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Nimm dir Zeit für Hobbys, Bewegung und soziale Kontakte.
  • Um Hilfe bitten und Hilfe annehmen: Zögere nicht, Unterstützung von anderen Familienmitgliedern, Freunden oder professionellen Pflegekräften anzunehmen. Nutze auch Angebote wie ambulante Pflegedienste oder Tagespflege (Schweizerisches Rotes Kreuz Kanton Zug, Pro Senectute Kanton Zug, Spitex Kanton Zug, Nachbarschaftshilfe benevol Kanton Zug).
  • Austausch mit anderen Pflegenden: Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen kann sehr entlastend sein. Selbsthilfegruppen oder Online-Foren bieten Raum für Gespräche und gegenseitige Unterstützung.
  • Gesunde Ernährung und Bewegung: Achte auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie regelmässige körperliche Aktivität. Beides trägt wesentlich zu deiner körperlichen Gesundheit bei.
  • Schlaf und Erholung: Sorge für ausreichend Schlaf und Erholungsphasen. Ein regelmässiger Schlafrhythmus kann helfen, die Belastungen des Alltags besser zu bewältigen.
  • Professionelle Beratung: Scheue dich nicht, professionelle Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dies können Beratungsstellen für pflegende Angehörige, Psychotherapeut/-innen oder Seelsorger/-innen sein.
  • Entspannungstechniken: Erlerne Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder autogenes Training, um Stress abzubauen und innere Ruhe zu finden.

Unterstützung und Entlastung für pflegende Angehörige

Es gibt verschiedene Massnahmen und Angebote, die darauf abzielen, pflegende Angehörige zu entlasten und zu unterstützen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Beratung und Information. Institutionen wie beispielsweise die Caritas, das Schweizerische Rote Kreuz, die Pro Senectute sowie die Spitex bietet verschiedenen Angebote, um die pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Die Webseite pflege-zug.ch bietet eine umfassende Informationsplattform und listet alle Institutionen auf, welche Dienstleistungen rund um das Thema anbieten. Wenn du Unterstützung oder Entlastung suchst, findest du nachfolgend eine nicht abschliessende Auswahl an Dienstleistungen im Kanton Zug. Wir können dir nur wärmstens empfehlen, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Du musst nicht alles alleine bewältigen.

Das Schweizerische Rote Kreuz Kanton Zug bietet ein breites Unterstützungsangebot, darunter auch einen Entlastungsdienst für pflegenden Angehörige. Beim Entlastungsdienst übernehmen Betreuerinnen und Betreuer des SRK mit Grundkenntnissen in Pflege und Betreuung zahlreiche Aufgaben wie zum Beispiel Einkaufen, Spaziergänge, zusammen Essen und Kochen, Ausflüge zusammen machen, Begleitung zu Terminen und vieles mehr. 
Dienstleistungen des Schweizerischen Roten Kreuzes Kanton Zug

Die Pro Senectute Kanton Zug bietet ebenfalls Entlastungsmöglichkeiten. Vom Einkauf über Kochen und Hausarbeiten bis zur Grundpflege und Betreuung übernehmen die geschulten Mitarbeitenden der Alltagsassistenz das, was am Einsatztag die grösste Hilfe und Entlastung bietet.
Dienstleistungen der Pro Senectute Kanton Zug

Um die pflegenden Angehörigen in ihrer wichtigen Arbeit zu entlasten, bietet die Spitex Kanton Zug verschiedene pflegerische Leistungen an. Diese umfassen die gesamte Breite von der täglichen Grundpflege über die Beratung bis hin zur komplexen Behandlungspflege.
Dienstleistungen der Spitex Kanton Zug

Finanzielle und rechtliche Herausforderungen

Neben den körperlichen und emotionalen Belastungen sehen sich pflegende Angehörige auch mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert. Die Pflege eines Familienmitglieds kann teuer sein, insbesondere wenn medizinische Geräte, spezielle Nahrung oder Pflegehilfsmittel benötigt werden.

Hinzu kommt, dass viele pflegende Angehörige ihre Berufstätigkeit einschränken oder ganz aufgeben müssen, um die Pflege zu bewältigen. Dies führt nicht nur zu Einkommensverlusten, sondern auch zu Nachteilen bei der Altersvorsorge. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Unterstützung pflegender Angehöriger sind komplex und oft schwer verständlich, was die Situation zusätzlich erschwert. Im folgenden Abschnitt findest du eine Auswahl an finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten.

Finanzieller Ausgleich

In der Schweiz pflegen und betreuen gemäss Bundesamt für Gesundheit rund 600 000 Angehörige ihre Familienmitglieder und leisten damit Unglaubliches. Doch sie erhalten für ihre Arbeit keinen Lohn und sind meist auf sich allein gestellt. Das will die Caritas ändern: Sie setzt sich für pflegende Angehörige ein, indem sie die Angehörigen zu einem Stundenlohn von 35 Franken anstellt und sie professionell begleitet. Wenn du deine Liebsten pflegst, besuche die Seite der Caritas und folge den fünf Schritten bis zur Anstellung.

Auch die Fach-Spitex solicare bietet einen Lohn für die Pflege von Angehörigen. Darüber kannst du bei solicare einen kostenlosen Pflegekurs speziell für pflegende Angehörige besuchen.

Eine bessere finanzielle Unterstützung und die Schaffung von flexiblen Arbeitszeitmodellen für pflegende Angehörige könnten einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, um ihre Lebenssituation zu verbessern. Unternehmen könnten beispielsweise durch die Einführung von Pflegezeitmodellen oder Homeoffice-Regelungen helfen, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu erleichtern. Hier empfehlen wir, die Tätigkeit nicht stillschweigend auszuüben, sondern mit dem Arbeitgeber offen zu sprechen. Manchmal ergeben sich daraus ungeahnte Möglichkeiten. An dieser Stelle lohnt es sich auch, die Plattform info-workcare.ch zu besuchen. Mit wertvollen Informationen, Tipps und Kontaktadressen bildet die Organisation die erste nationale Plattform, die die Vereinbarkeit einer Berufstätigkeit mit der Betreuung von Angehörigen erleichtert.

Gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der Leistungen pflegender Angehöriger. Diese Menschen leisten Unvorstellbares, doch ihre Arbeit wird oft als selbstverständlich angesehen und bleibt unsichtbar. Es bedarf eines gesellschaftlichen Bewusstseinswandels, um die Pflege- und Betreuungsarbeit von Angehörigen angemessen zu würdigen. Mit dem «Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen» jeweils am 30. Oktober soll dies geändert werden. Es ist der Tag, um die Augen auf die unglaubliche Leistung der Angehörigen zu richten und sichtbar Danke zu sagen. Der Dachverband «Interessengemeinschaft Angehörigenbetreuung» (IGAB) beabsichtig, den betreuenden Angehörigen in der Schweiz eine Stimme zu geben, ihre Anliegen der Politik zu vermitteln und ihre Interessen auf nationaler Ebene zu vertreten. Die Homepage des Dachverbands bietet nebst zahlreichen Informationen auch eine Übersicht über die Aktivitäten der Kantone zum Aktionstag.

Fazit

Pflegende und betreuende Angehörige sind das Rückgrat unseres Pflegesystems. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert und verdient höchste Anerkennung. Es ist wichtig, dass pflegende und betreuende Angehörige auf ihr eigenes Wohlbefinden achten. Nur so können sie auf Dauer für ihre Angehörigen da sein. Das hat nichts mit Egoismus zu tun. Im Gegenteil, es ist ein wesentlicher Bestandteil einer gesunden Selbstfürsorge.

Es ist an der Zeit, die stillen Held/-innen des Alltags sichtbar zu machen und ihnen den Respekt und die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie verdienen. Der Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen am 30. Oktober 2024 ist ein Zeichen, Danke zu sagen für die wertvolle Arbeit und den unverzichtbaren Dienst an der Gesellschaft!

 

Referenzen

  • Haley, W. E. & Elayoubi, J. (2024). Family caregiving as a global and lifespan public health issue. The Lancet. Public Health, 9(1), e2–e3. https://doi.org/10.1016/s2468-2667(23)00227-x

  • Haley, W. E., Roth, D. L., Sheehan, O. C., Rhodes, J. D., Huang, J., Blinka, M. D. & Howard, V. J. (2020). Effects of Transitions to Family Caregiving on Well‐Being: A Longitudinal Population‐Based Study. Journal Of The American Geriatrics Society, 68(12), 2839–2846. https://doi.org/10.1111/jgs.16778

  • Lacey, R. E., Xue, B., Di Gessa, G., Lu, W. & McMunn, A. (2024). Mental and physical health changes around transitions into unpaid caregiving in the UK: a longitudinal, propensity score analysis. The Lancet. Public Health, 9(1), e16–e25. doi: 10.1016/S2468-2667(23)00206-2

  • Tag der pflegenden Angehörigen 2023 | Caritas Care. (o. D.). Caritas Care. https://www.caritascare.ch/de/tag-der-pflegenden-angehoerigen-2023/

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